Herbstsemester 2023

Von dem Philosophen Demokrit berichtet die Legende, daß er Tiere seziert habe, um den Sitz der Seele im Gehirn zu suchen. Heutige Neurowissenschaftler benutzen bildgebende Verfahren wie funktionelle Magnet-Resonanz-Tomographie, um spezifische kognitive und emotionale Qualitäten im Gehirn zu lokalisieren. Zwischen diesen beiden Daten liegt eine 2500jährige Geschichte, in der das Verhältnis von Gehirn und Geist immer wieder neu bestimmt worden ist. Beginnend mit antiken und mittelalterlichen Lehren, werde ich das Schwergewicht auf die moderne Hirnforschung seit dem 19. Jahrhundert legen. Dabei werden entscheidende Themen der Neurowissernschaften wie Lokalisationstheorie, Neuronenlehre, Reflexlehre, Theorien der Emotionen, Neurokybernetik und die Bedeutung der Hirnbilder zur Sprache kommen. Gleichzeitig werden aber auch Werke der Kunst und Literatur (z. B. Science Fiction-Romane, Filme, Gemälde, Fotografie usw.) einbezogen.

Das Ziel der Veranstaltung besteht darin, grundlegende Entwicklungen in der wissenschaftlichen und philosophischen Beschäftigung mit dem Leib-Seele-Verhältnis kennenzulernen. Es sollte auch deutlich werden, dass einige der wichtigsten und drängendsten Fragen der heutigen Neurowissnschaften beeits eine lange Geschichte haben.

Vorlesung (3 KP)
Prof. Dr. Michael Hagner

Dienstags, 18-​20 Uhr

Ort: ETH Zürich (IFW A 36)

Mit dem Planeten stimmt etwas nicht, und das hat mit uns Menschen zu tun. Diese Einsicht fordert die Wissenschaften heraus, die Künste, die Politik: Wie lassen sich die Krisen denken und erzählen, wie lassen sich Zukünfte imaginieren? Mit Fokus auf Literatur (Science Fiction, Cli-Fi, Nature Writing) entwickelt der Kurs eine hist.-kritische Perspektive auf Geschichte und Gegenwart der Ökokrise.

Leitend für den Kurs ist die Frage: Was bedeuten die Umbrüche für die Literatur- und Wissensproduktion? Und wie wirkt sich unsere Vorstellung von einer Umwelt im Umbruch auf unsere Lektüren aus? Ein weiterer roter Faden, der durch das Seminar führt, ist die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen (populär)wissenschaftlicher und künstlerischer Methoden und Darstellungsverfahren. Wie werden Zukünfte imaginiert, in der Wissenschaft, in der Literatur? In Auseinandersetzung mit literatur- und wissensgeschichtlichen Positionen lesen und diskutieren wir ausgewählte Texte aus Literatur und Sachliteratur des 20. und 21. Jahrhunderts, teils auch aus Film und Kunst (z.B. Dorothee Elmiger, Amitav Gosh, Frank Herbert, Franz Hohler, Max Frisch, Ursula K. LeGuin, Octavia E. Butler, Kim Stanley Robinson, Anna Tsing).

Die Teilnehmer:innen entwickeln ein Verständnis für die Geschichte und Gegenwart von Literatur im Anthropozän und ihren Zusammenhang mit Wissenschaft, Politik, Technologie, Wirtschaft und Gesellschaft. Dafür verbinden wir Textanalysen mit wissensgeschichtlichen Perspektiven. Die Studierenden wenden dieses Wissen an, indem sie eigene Standpunkte zu entwickeln und diese in Diskussionen, Referate und Essays einzubringen lernen.

Seminar (3 KP)
Dr. Ines Barner

Donnerstags, 16-18 Uhr

Ort: ETH Zürich (IFW B 42)

Das Seminar behandelt die ökonomischen und sozialen Arbeitsbedingungen von wissenschaftlicher Forschung vom 18. bis ins 21. Jahrhundert: von «gentleman science» und Industrieforschung, Universitätskarrieren und Formen ausserinstitutioneller Forschung, dem Ausschluss von Frauen aus akademischen Arbeitsbereichen, Forschung unter den Bedingungen von Emigration und Diskriminierung bis hin zu aktuellen Phänomenen wie «entrepreneurial science» oder akademischer Prekarität. Wer hat zu welchem historischen Moment Zeit und Ressourcen, um wissenschaftlich zu forschen? Welche Finanzierungs- und Organisationsformen mach(t)en Wissenschaft als Beruf möglich, wen schlossen sie aus?

Die Studierenden lernen die Geschichte und Gegenwart der ökonomischen und sozialen Bedingungen wissenschaftlicher Arbeit kennen. Das Seminar leitet zu einer kritischen Reflexion über die ökonomischen Rahmenbedingungen, Anforderungen und Ausgrenzungseffekte von wissenschaftlichen Institutionen und Forschungsfinanzierung an.

Seminar (3 KP)
Dr. Monika Wulz

Dienstags, 16-18 Uhr

Ort: ETH Zürich (IFW C 35)

Während es in der Moderne sehr klar zu sein schien, was Wissen ist und welche Technologien des Wissens zu präferieren sind - nämlich die wissenschaftlichen, wie sie sich in Europa entwickelt haben - ist diese Gewissheit durch globale, feministische und ökologische Perspektiven revisionsbedürftig geworden. Eine der Konsequenzen war, dass die Wissenschaftsgeschichte durch die Wissensgeschichte wenn nicht ersetzt, so doch überstrahlt worden ist. Inzwischen hat sich die Situation dadurch verkompliziert, dass das wissenschaftliche Wissen sich mit Akteuren mit ganz anderen Interessen in einem politischen und epistemologischen Kampf um Autorität und Legitimität befindet. Wie können Wissensgeschichte und/oder Wissenschaftgeschichte auf diese Situation reagieren, ohne die Legitimität wissenschaftlichen Wissens aufzugeben und gleichzeitig den Ansprüchen eines pluralistischen Zugangs zum Wissen gerecht zu werden?

Das Ziel des Seminars besteht darin, die Teilnehmer mit den aktuellen Debatten um die Bedeutung des Wissens vertraut zu machen.

Seminar (3 KP)
Prof. Dr. Michael Hagner
Prof. Dr. Anke te Heesen

Montags, 16-18 Uhr

Ort: ETH Zürich (IFW B 42)

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert